Unterricht mal anders: Im 08. Mai 2024 durften wir Frau von Bülow an unserer Schule begrüßen. Ihr Leben umfasst beinahe ein Jahrhundert und einen Weltkrieg. Der Geschichtskurs der Klasse 10b mit Herrn Pilarski nutzte die seltene Gelegenheit, um etwas aus dem Leben Frau von Bülows zu erfahren und ihr persönliche Fragen zu stellen, auf die man in Büchern keine oder nur selten Antworten findet.
Frau von Bülow besuchte im Anschluss an die Grundschule ein Lyceum, das durch Bomben stark beschädigt worden war und insbesondere durch den Mangel an Brennmaterial nicht beheizt werden konnte. Zu Beginn des Krieges war sie neun Jahre alt.
1944 änderte sich vieles. Ihre Schule war zerstört worden und sie lebte in Angst, denn schon bald fing der Krieg auch in ihrer Heimat Schleswig-Holstein an. Bei der ersten Bombardierung saß sie gerade in der Küche, als sie sah, dass ein Bombenflugzeug am Fenster vorbeiflog. Die Familie suchte Schutz im Keller. Als der Krieg an sein Ende kam, war sie 15 Jahre alt. Sie ging mit ihrer Mutter zum Arbeitsamt und bekam dort eine Arbeitsstelle in einer Gärtnerei zugewiesen. Im Oktober öffnete die Schule wieder und sie hatte einen Traum: Sie wollte wie ihr Vater Medizin studieren. Dazu fehlte allerdings das Geld. Deshalb fing sie in einer Tuchfabrik eine Ausbildung an, konnte jedoch nicht in eine höhere Position aufsteigen, da sie eine Frau war. Daher wechselte sie zu Karstadt und arbeitete sich erfolgreich zur Einkäuferin für Damenmode hoch.
Nachdem Frau von Bülow uns an ihrem Leben und ihrem reichen Erfahrungsschatz hatte teilnehmen lassen, sprachen wir mit ihr unter anderem über unsere eigene Rolle in Bezug auf die deutsche Geschichte. Eine Schülerin des Geschichtskurses, war der Meinung, dass wir als heutige Generation zwar keine Schuld haben, aber eine Verantwortung dafür tragen, dass so etwas wie damals nie wieder passiert.
Frau von Bülow reagierte mit einem Appell an die junge Generation: „Keine Schuld zu haben, befreit uns nicht davon, Verantwortung zu übernehmen. Diese Verantwortung ist wichtig für uns selbst, für die, die mit uns leben, und für das noch ungeborene Leben. Und dazu gehört es, wachsam zu sein, seine Information immer aus mehreren Quellen zu beziehen, sich sein eigenes Urteil zu bilden und keine vorgefassten Meinungen einfach zu übernehmen.“