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Interview mit Laura-Alina Blüming (Filmemacherin und -produzentin) zum Filmprojekt „Rettung im Weltall“

Die Premiere deines Films „Rettung im Weltall“ wurde in der „Rheinischen Post“ am 30.01.2024 besprochen und bereits vor der Premiere gab es ein Live-Interview im „WDR-Studio“ am 16.01.2024 mit Dir. Ich möchte Dir noch einige Fragen stellen, die bisher vielleicht noch nicht ausreichend beantwortet wurden und eher die künstlerische und pädagogische Seite betreffen.

Ich freue mich sehr darüber, mit Dir dieses Interview führen zu können. Ich hoffe, dass ich durch meine Sichtweisen die Schülerinnen und Schüler, aber auch andere interessierte Leserinnen und Leser inspirieren und motivieren kann, an ihren Träumen zu arbeiten und niemals aufzugeben.

Wenn man Deinen Film im Hinblick auf die unterschiedlichen Arbeitsbereiche betrachtet – ich nenne nur das Drehbuch, die Umsetzung am Set und den Schnitt – ergibt sich leicht die Frage, was Dein Projekt künstlerisch zusammengehalten hat, welchem „roten Faden“ du also gefolgt bist bzw. was deine künstlerischen Inspirationen waren.

Wenn ich anfange einen neuen Film zu planen, denke ich gerne erst einmal so groß wie möglich, um meiner Kreativität Platz zum Träumen zu geben und diese Träume nicht „klein zu halten“. – Ich suche mir gerne etwas, was ich bis dahin noch nicht gemacht habe, und probiere mich damit im nächsten Projekt aus.

In meinem ersten Kurzfilm „Tartaros“ habe ich das erste Mal mit viel Nebel gearbeitet, die Schauspielerinnen professionell schminken lassen und längere Dialoge geschrieben. Auf diese Erfahrungen konnte ich bei dem aktuellen Film zurückgreifen und wusste z. B., wie ich Nebel einsetzen kann, um eine bestimmte Stimmung zu erzeugen.

Bei „Rettung im Weltall“ war mir von Anfang an klar, dass dieser Spielfilm gerade in der Postproduktion eine besondere Herausforderung sein würde. In der von uns erschaffenen Welt sollte es nämlich im Jahr 2085 nicht nur fliegende Hoverboards geben, sondern auch Hologramme, Magie und ein außerirdisches Schleimwesen. Das heißt, dass ich mir das erste Mal am Set Dinge, Personen und Hologramme vorstellen musste, die erst später am Computer in der Postproduktion entstehen sollten. Dies den Schauspielerinnen und Schauspielern zu vermitteln, war am Anfang auch für sie herausfordernd.

Sich neuen Herausforderungen zu stellen, um anderen, aber auch besonders sich selbst, zu beweisen, dass einem die ganze Welt offensteht und alles möglich ist, ist eine für mich sehr inspirierende Herangehensweise. Ich würde behaupten, dass genau das mein roter Faden ist: der Spaß am Filmemachen und die Herausforderung, mich immer wieder an etwas Neuem auszuprobieren. Dabei ist mir nicht wichtig, dass jeder Film perfekt ist. Mir ist nur wichtig, dass jeder Film ein Stück besser wird als der davor, alle Beteiligten immer wieder etwas Neues dazulernen und wir gemeinsam Schritt für Schritt unseren Träumen und Zielen näherkommen.

Gab es bei „Rettung im Weltall“ irgendwelche anderen künstlerischen Inspirationen, die den Film mitbestimmt haben oder schon eine inhaltliche Grundlage von außerhalb? Wie kamt ihr zu dem Thema des Films?

Ich selbst schaue super gerne Filme, in denen eine Gruppe von Jugendlichen eine Abenteuerreise angeht. Bei „Rettung im Weltall“ haben wir uns nicht auf spezielle Werke bezogen, aber ich sehe einige Parallelen zu mir bekannten Familien-Abenteuer-Filmen, die ähnlichen Grundkonzepten folgen.

Wenn ich mit den Schülerinnen und Schülern in meiner Film-AG einen neuen Film plane, ist es mir immer sehr wichtig, dass ich ihnen die Möglichkeit gebe, am Filmthema mitzuwirken und einen persönlichen Bezug zu dem Thema herzustellen. Darum habe ich auch bei der Ideenfindung zu „Rettung im Weltall“ die Teilnehmerinnen und Teilnehmer der Film-AG gemeinsam gefragt, was ihre größten Träume sind, welche Themen sie gerade so beschäftigen und über was sie gerne einen Film drehen wollen. Der eigene, persönliche Bezug ist meiner Meinung nach superwichtig, um die richtige Motivation für ein Projekt mitzubringen.

Wir haben eine Liste mit verschiedenen Ideen und Wünschen der Kinder zusammengetragen, die zunächst aus den Stichpunkten „Astronaut“, „Weltall“, „Explosion“, „Liebesgeschichte“, „Freundschaft“ und „Mobbing“ bestand. Wir haben uns weiter mögliche Filmideen zu diesen Punkten überlegt und aus all diesen Punkten habe ich dann das Drehbuch so zusammengestellt, dass es möglichst die Wünsche aller kombiniert hat und dabei auch eine leitende Botschaft vermittelt.

Ich möchte Menschen erreichen und sie mit Erfahrungen und Sichtweisen konfrontieren, in denen sie sich entweder wiederfinden oder mit denen sie sich auseinandersetzen sollen.

Nun ist ein Filmprojekt nie die Leistung einer einzelnen Person, sondern immer ein Gemeinschaftswerk. Du selbst hast dich bei der Premiere bei sehr vielen Menschen bedankt. Kannst du noch einmal zusammenfassen, worin genau die Gemeinschaftsleistung bestand?

Einen guten Film kann niemand ganz alleine drehen. Auch wenn ich als Produzentin und Regisseurin die antreibende Kraft hinter dem Projekt bin, die das Projekt plant und umsetzt, benötige ich dennoch viele Helferinnen und Helfer, die daran mitwirken und den Film so erst möglich machen. – In der Filmbranche ist klar: eine Hand wäscht die andere. Denn nur wenn alle zusammenarbeiten und sich gegenseitig unterstützen, kann ein Film in dieser Größe umgesetzt werden.

Ein motiviertes, auf dieses Projekt passende Team zu finden, war und ist nicht leicht. Aber wir alle haben das Projekt genutzt, um uns auszuprobieren und am Ende diesen Film so umzusetzen, wie es in dem Rahmen möglich war. Jeder konnte seine individuellen Fähigkeiten in den verschiedenen Departments einbringen und ich bin sehr stolz auf das ganze Team und jeden einzelnen!

In „Rettung im Weltall“ haben die Charaktere tatsächlich ähnliches gelernt, und somit lässt sich auch für unser Filmteam die Gemeinschaftsleistung mit einem Zitat der Hauptfigur Sophie verdeutlichen:

„Jeder von uns hat seine eigenen Stärken und Fähigkeiten. Ich dachte am Anfang, dass ich niemanden brauche, aber ohne meine Freunde hätte ich es nie geschafft. Pass auch Du auf die Menschen um dich herum auf. Wir brauchen uns alle gegenseitig, glaub‘ mir.“

Du hast die Schülerinnen und Schüler bereits erwähnt. Ich habe von Dir gelernt, dass es in der Filmbranche den Hinweis gibt: „Dreh niemals mit Kindern oder Tieren!“ Kannst du erklären, warum du diesen Rat in den Wind geschlagen hast und wie sich deine Rolle als Filmemacherin mit der einer „Pädagogin“, die Kinder oder Jugendliche nicht für die eigenen Interessen vereinnahmen will, verbinden ließ?

Ich drehe sehr gerne mit Kindern oder auch Tieren, und wenn sich jeder an diese Regel halten würde, gäbe es einige sehr coole Filme nicht. Aber ich verstehe, wo dieser Hinweis herkommt, der auch mir schon gegeben wurde: Mit Kindern und Tieren zu drehen, kann, auf sehr unterschiedliche Art, einige Abläufe komplizierter oder zeitaufwändiger machen. Am Set von „Rettung im Weltall“ kam es häufiger vor, dass sich Kinder gestritten haben, persönliche Probleme mit ans Set gebracht haben oder auch mal eine Szene nicht so drehen wollten, wie sie im Drehbuch stand, weil es z. B. einem Jungen peinlich war, einem Mädchen die Hand zu geben.

Gerade Kinder, die auf die Pubertät zugehen, haben nun einmal ihre eigenen Vorlieben, die nicht immer so im Drehbuch stehen. Dann liegt es an mir, herauszufinden, wo Kinder nur schüchtern sind, aber eigentlich aus sich herauskommen wollen, oder wo sie sich wirklich unwohl fühlen und man die Szene eventuell umschreiben muss. Hierbei ist mir sehr wichtig, zwar das größte Potential aus den Schauspielern und Schauspielerinnen herauszuholen, aber niemals persönliche Grenzen zu überschreiten. Sie geben auch persönlich viel Positives zurück: wenn sie sich spontan über etwas freuen, das Strahlen in den Augen, wenn die Lieblingsszene aufgebaut wird, und auch diese kindliche Art, sich kreativ auszuleben und immer wieder neue und spontane Ideen mit einzubringen.

Häufig merke ich, dass in der Filmbranche gearbeitet wird, um das eigene Leben finanzieren zu können, wodurch nicht selten der Spaß am eigentlichen Filmemachen verloren geht. Man muss seine Ideen häufig klein halten und kostenoptimiert gestalten, um die Projekte realistisch umsetzbar zu machen. Dadurch geht der Raum zum freien Denken verloren – ich hoffe, dass mir das niemals passieren wird und ich mir die Freiheit erhalten kann, kreativ und groß zu denken. – Deshalb schätze ich dieses tolle Team aus motivierten Freunden, Mitstudenten, älteren Helfern, aber eben auch all diesen Kinder, die mit mir zusammen frei denkend Spaß am Filmemachen haben.

Welche „Lehre“ ergibt sich deiner Ansicht nach aus dem Gelingen des Projekts für die Schülerinnen und Schüler, aber auch für die Schule insgesamt. Und wird es eine Art „Fortsetzung“ des Projektes geben?

Wenn du einen Traum hast, dann lass dich von niemandem unterkriegen, such dir ein cooles Team und dann macht euch einen Plan. Folgt diesem Plan und gebt nicht auf – alles ist möglich, ihr müsst nur fest an euch und euer Ziel glauben. Viele Kinder haben am Anfang unterschätzt, wie viel Arbeit so ein Film ist und wie wichtig Teamarbeit bei solch einem Projekt sein kann. Aber genau das ist es, was uns als Filmteam fast schon wie eine Familie zusammengeschweißt hat.

Wir haben jeden, der wollte, mit in das Team aufgenommen und keinen zurückgelassen und ich hoffe sehr, dass auch alle Teilnehmerinnen und Teilnehmer genau das aus der Filmwoche mitnehmen konnten: Jeder ist gleich viel wert und wir sind alle füreinander da, egal, wer welche Rolle vor oder hinter der Kamera eingenommen hat. Jeder einzelne war wichtig, damit der Film so werden konnte, wie er jetzt geworden ist. Und ich hoffe, dass die Teilnehmerinnen und Teilnehmer auch genau das in der Schule insgesamt weitertragen, auf den Fluren aufeinander Acht geben, sich gegenseitig unterstützen und ein Team bleiben.

„Fortsetzungen“ bzw. neue Filme wird es auf jeden Fall geben. Ich habe schon ein paar konkrete Filmideen, die ich auch gerne hier an der Schule mit der Film-AG umsetzen würde. Dafür suchen wir gerade nach Sponsoren, da ich diese Arbeit auf Dauer nicht „No-Budget“ umsetzen kann. Ich bin sehr gespannt, was in der Kooperation weiter entsteht, und freue mich schon auf die nächsten Projekte.

Liebe Laura-Alina, ich danke Dir herzlich für die Beantwortung der Fragen und deinen enormen Einsatz für dieses schöne Projekt insgesamt!

(Das Interview mit Laura-Alina Blüming führte Yves Hellmuth.)