Am 28.01. 2022 schreibt Nils Minkmar in der „Süddeutschen Zeitung“:
„Zwei widersprüchliche Studien wurden vor dem diesjährigen Holocaust-Gedenktag veröffentlicht. Die eine, vom World Jewish Congress und seinem Präsidenten Ron Lauder beauftragt, gibt Grund zur Sorge. Nach ihr sind viele Deutsche noch antisemitisch eingestellt und wissen schlicht zu wenig über den Massenmord an europäischen Juden. […]
Eine andere, vom Kölner Rheingold Institut in Auftrag des Erinnerungszentrum Arolsen Archives durchgeführt, kommt zu einem etwas anderen Ergebnis. Danach sind gerade junge Menschen zwischen 16 und 25 besonders daran interessiert, sich mit diesem Kapitel der Geschichte zu beschäftigen. Sie sehen darin einen moralischen Auftrag jenseits postmoderner Beliebigkeit und fragen sich, welche Lehren sich daraus für die Gegenwart ergeben. Was stimmt denn nun?
Am Ende beides: Es gibt noch zu viele Reservate des Antisemitismus und zugleich den Wunsch einer jungen Generation, mehr zu erfahren und aus der Geschichte eine moralisch relevante und verbindliche Lehre zu ziehen. Die Ratlosigkeit im Umgang mit diesen Taten wird weiter zunehmen. Nun kommen die Gedenktage, an denen kaum noch Überlebende des Vernichtungswahns selbst Zeugnis ablegen können. Wie hält man die Erinnerung lebendig – so, dass sie uns noch fordert?”
Im Spannungsgeflecht zwischen dem Wunsch nach Wissen, nach Auseinandersetzung sowie dem Bedürfnis, eine Erinnerungskultur neu zu schaffen, wurde am 28. Januar 2022 im Forum der Städtischen Maria-Montessori-Gesamtschule Meerbusch der diesjährige Tag des Gedenkens der Opfer des Nationalsozialismus begangen.
Im Mittelpunkt stand der Gedanke, dass es unsere Aufgabe ist, sich der Strukturen, die den Wunsch nach Ausgrenzung und Erniedrigung anderer herbeiführen, bewusst zu werden und sich ihnen entgegenzusetzen.
Den Auftakt der Gedenkstunde machten Aufnahmen aus Buchenwald. Sie entstanden im Rahmen eines Besuchs des ehemaligen KZs und der heutigen Gedenkstätte von Schüler*innen der Q2 während ihrer Studienfahrt. In der Gedenkstunde präsentierten sie ihre Gedanken und Empfindungen.
Im Anschluss trugen Schüler*innen der Q1 Gedichte von Autor*innen jüdischen Glaubens und eigenen Gedichten zum Thema Holocaust vor.
Im Mittelpunkt der Gedenkstunde stand die Frage, inwiefern unser Denken durch unsere Sprache geprägt wird. In einer Unterrichtsreihe beschäftigten sich Schüler*innen des Deutsch-Leistungskurses der Q2 mit der Frage, ob die Sprache der Nationalsozialisten auch heute noch Einfluss auf unser Denken hat.
Zum Ausklang hörten wir Musik von Giora Feidman, „May the Heavens Rejoice“. Der Titel des Liedes lautet übersetzt: „Möge der Himmel sich freuen“. Dieser Titel schenkt Hoffnung. Hoffnung, dass es uns gelingen kann, uns dem Gedankengut, das Angst und Hass schürt, entgegenzustellen.
Die Gedenkstunde endete mit dem Worten einer der wenigen letzten Zeitzeugen: Margot Friedländer, geboren 1921, heute also 100 Jahre alt, einer Jüdin, die Verfolgung und Emigration glückhaft überlebt hat. Sie sagt:
„Ich bin zurückgekommen, um mit euch zu sprechen, euch die Hand zu reichen und euch zu bitten, dass ihr die Zeitzeugen werdet, die wir nicht mehr lange sein können. Es ist für euch. Es ist, was war. Was war, können wir nicht mehr ändern, es darf nur nie wieder jemals geschehen. Für euch, für eure Kinder, für eure Nachkommen.“
Frau Hella Jansen